Selbsthilfe bei Schüchternheit und sozialer Phobie

 

Rundbrief April 2025

Titelseite

Inhalt:
   - 20 Jahre Rundbrief - jetzt mit "jungem Bruder"
   - Aktionswoche gegen Einsamkeit
   - Neuanfang der Selbsthilfegruppe in Helmstedt
   - Meine Perspektive: Auf die Krücken, fertig, los!
   - Buchvorstellung: Tante Jolesch

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ZITAT

"Ein Haupthindernis des Fortschritts des Menschengeschlechts ist, das die Leute nicht auf die hören, welche am gescheitesten, sondern auf die, welche am lautesten reden."

Arthur Schopenhauer



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Podcast online
20 Jahre Rundbrief - jetzt mit "digitalem Bruder"

Im April 2005 erschien der erste intakt-Rundbrief, damals noch ausschließlich auf Papier. Nun ist als zweites Medium ein Podcast gestartet.
20 Jahre Rundbrief Wie der erste Rundbrief stellt die erste Podcast-Folge allgemein den intakt e.V. vor. Nächste Folgen werden vermutlich monatlich erscheinen und laden gern zum Mitmachen ein. Wenn ihr zum Thema Angst etwas sagen könnt, redet mit uns. Es ist auch anonym mit Stimmverzerrung möglich.
Natürlich ist der Podcast noch nicht perfekt, aber das war der Rundbrief in seiner ersten Folge auch noch nicht. Solche Projekte müssen ihr Format in ihrer Anfangszeit finden. (Schaut euch die erste Folge der ersten Staffel eurer Lieblings-Serie an.)

Wo kann ich euch hören?
Bei Spotify läßt sich das Stichwort "intakt e.V." eingeben. Besser jedoch: dem Link auf unserer Webseite www.schuechterne.org folgen. Der Zugang ist frei für alle, es ist also keine Spotify-Anmeldung nötig.


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Aktionswoche gegen Einsamkeit - Veranstaltung in Braunschweig

Die Aktionswoche "Gemeinsam aus der Einsamkeit" bietet Ende Mai Veranstaltungen in ganz Deutschland.
In Braunschweig wird eine Veranstaltung vom GPZ angeboten. Julian ist Mitglied der Orga-Gruppe. Auch die anderen beiden Organisatorinnen Kathleen und Kristin sind mehrfach-kompetent: vom Fachwissen und von der eigenen Erfahrung.
Julian wird zum Thema einen einführenden Vortrag halten. Der Hauptteil ist den Erfahrungen und Anregungen des Publikums vorbehalten. Zu Problembereichen und Lösungsideen können Stichworte und Fragen eingebracht werden. Eben so viele, wie in 45 Minuten passen. Die Veranstaltung selbst wird 90 Minuten dauern.

Keine Anmeldung nötig
Zeit:
Montag, 26.Mai, 13:30-15:00
Ort: Gemeindepsychiatrisches Zentrum (GPZ) im Gesundheitsamt, Hamburger Str. 226, 38114 Braunschweig

Alle, die "weiter weg" wohnen: schaut auch nach, was in der Aktionswoche in eurer Nähe angeboten wird.


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Neuanfang der Selbsthilfegruppe "Soziale Phobie und Schüchterne" in Helmstedt

Im Juni 2024 kam die SHG "Sozialphobie und Schüchterne" in Helmstedt durch schwindende Mitgliederzahl zum Erliegen.

Ich habe den Mut gefasst diese im März wieder aufleben zu lassen.
Unsere Ziele sind es, dich aus der Einsamkeit zu holen, zu motivieren, in schwierigen Lebenslagen mit gutem Rat und Gehör zur Seite stehen. Was wir dir bieten können, ist Zeit mit netten Menschen zu verbringen und gemeinsam was zu erleben.
Wir treffen uns jeden 1. und 3. Donnerstag im Monat von 19.00 Uhr bis 21:00 Uhr in den Räumlichkeiten des Paritätischen in der Schuhstraße 28 in Helmstedt.

Wie laufen unsere Treffen ab?
Wir unterhalten uns über alles,was uns bewegt, hören bei Problemen zu und versuchen, sie gemeinsam zu lösen. Gerne unterstützen wir auch bei schwierigen Gesprächen, um Euch darauf vorzubereiten, z.B. mit Tipps und auch Rollenspielen (z.B. Bewerbungsgespräche etc.). Spieleabende und gemeinschaftliches Kochen sowie Unternehmungen gehören auch dazu. Wir treffen uns auch gerne mal außerhalb der Gruppenzeiten und gehen ins Kino oder auch auf Feste etc. .

Was wir nicht können:
- Psychische Krankheiten heilen oder behandeln,
- Menschen mit Suizidgefährdung auffangen,
- Dein Leben für Dich leben.

Wer kann zu uns kommen?
- Alle, die Probleme bei Kontaktschwierigkeiten haben
- Menschen die den Weg aus der Einsamkeit suchen

Ja klar, aller Anfang ist schwer, und es braucht Geduld und Durchhaltevermögen. Doch ich habe super Unterstützung von Julian aus Braunschweig, dem Paritätischen Verband Helmstedt und dem intakt-Dachverband.
Im nächsten Schritt werde ich eine Zeitungsanzeige schalten und weiter auf den Sozialen Medien zu werben. Vielleicht gelingt uns so ein Restart der Gruppe.

Wenn Ihr noch Tips und Vorschläge habt, was man noch unternehmen kann, um den Neuanfang gut zu gestalten, bin ich für Ratschläge gerne offen.
Anmeldungen und Fragen gerne per E-Mail an lami1980(ä)web.de, telefonisch bin ich unter 01523 6890972 zu erreichen

Schöne Grüße aus Helmstedt sendet Lars M.


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Auf die Krücken, fertig, los!
Von Wolfgang Chr. Goede

ZUSAMMENFASSUNG
   - Wie groß ist dein Handicap?
   - Behinderte surfen zu ungeahnten Höhen
   - Großes Vorbild auch für die Mentalgesundheit


Es war eine Sensation. Aber nur ganz Wenige haben sie mitbekommen. Der Fußball-Weltcup einbeiniger Frauen. Aber nicht auf Prothesen - auf Krücken. Krass-schwer!

Eine hinter dieser Weltpremiere war Yadi Fernandez. Sie war um die 30, als sie bei einem Motorradunfall ein Bein verlor. Behindert, von wegen. Sie, die immer sportlich gewesen war, legte jetzt erst so richtig los. Sie radelte einbeinig. Unfassbar anstrengend und kippelig, besonders bergauf, noch mehr bei Radrennen, die sie so liebte. Dann ging sie aufs Ganze. Sie verschrieb sich dem Damen-auf-Krücken-Kickern.
Fussball mit einem Bein
Mit "Yes We Can" gewann der so gut wie aussichtslose Obama dereinst die US-Präsidentschaft. Ja Wir Können! Vom verlockenden Kribbeln des Undenkbaren getragen, schwingen sich jene, die als "behindert" gelten, zu himalayischen Höhen auf.
Ich kenne eine Frau, die von ihrer schweren Geburt einen fehlentwickelten Arm davontrug. Er ist verkürzt, angewinkelt, aber eingeschränkt einsetzbar und optisch nicht perfekt. Heilung? Ärzte winkten ab, einer riet: "Das Körperteil mit langem Ärmel stets verdeckt halten."

Die Zuwendung, die sie von den Eltern erfuhr, auch die wilden Spiele, in die sie ihre Brüder zogen, ließ diese Frau die Vorwärtsverteidigung antreten. Jetzt gerade! Schüler, die sie hänselten, schlug sie vor der Klasse ihren Arm ins Gesicht: "So fühlt sich dieser Krüppelarm an!"

Damit gewann sie Respekt. Bei Partys blieb sie nicht das Mauerblümchen, sondern die Jungs rissen sich um sie beim Tanzen. Oh ja, das war Freiheit, die süße, der Ausbruch aus ihrer Zelle, selber erkämpft. Gleichwohl tagtäglich beim Ankleiden, Sport, am Essenstisch sie sich mit ihrer körperlichen Unvollkommenheit konfrontieren musste.

Ihren angewinkelten Stummelarm nennt sie selbst "Haken". Daran lassen sich ganz prima Einkäufe aufhängen und transportieren, findet sie. So viel Humor bringt ihre Mitmenschen zum Lachen. Noch mehr, wenn sie erzählt, dass Anderthalb-Armige auch im Ausschnitt und Busen viel Stauraum fänden.

Trotz und vor allem gerade wegen ihres Handicaps wurde sie zu einer sehr erfolgreichen Frau, die sich allen Herausforderungen stellte, als Innovatorin Grenzen suchend und überschreitend, u.a. mit einem vielsprachigen Kita-Modell.

Warum erzähle ich das so ausführlich? Es ist eine Art Gleichnis, ein Narrativ, speziell für Ängstliche und mit ihrer Mentalgesundheit Hadernde und Ringende. Einschränkungen, körperliche wie auch psychische, können beträchtliche Kräfte freisetzen. Ihnen verdanken wir gerade in diesen unruhigen Zeiten den Impuls, uns nicht von den Wogen überrollen zu lassen, sondern darauf zu gleiten.

Leben ist immer Spannung, mit Höhen und Tiefen, wie auf einer Welle. Aus diesem Auf und Ab erwächst unsere Energie. Surfen wir doch darauf mit allen unseren Unvollkommenheiten: amputierten Gliedern und Stummeln, Krücken und Prothesen, inklusive aller mentalgesundheitlichen Begrenzungen. Nach dem olympischen Motto: Dabei sein ist alles. Auch wenn wir immer mal wieder herunterfallen.


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"Schütze uns vor allem, was noch ein Glück ist"

ZUSAMMENFASSUNG
   - Wir brauchen andere Ideen gegen "Rechts"
   - Ein Buch zeigt "Sonderlinge" in ihrer Kultur als normal
   - Sei freundlicher als es deine Feinde sind


1968: Die NPD schafft es in mehrere Landtage. Gutmenschen mahnen, klagen an und setzen Zeichen.
1989: Die Republikaner schaffen es ins Berliner Abgeordnetenhaus. Gutmenschen mahnen, klagen an und setzen Zeichen.
2016: Trump gewinnt die Wahl zum US-Präsidenten. Gutmenschen mahnen, klagen an und setzen Zeichen.
2025: Die AfD verdoppelt den Anteil ihrer Parlamentssitze. Gutmenschen mahnen, klagen an und setzen Zeichen.


Geht das nicht anders? Doch, und ein solches "anders" möchte ich vorstellen.
Friedrich Torberg ist vor allem bekannt, weil er die Satiren von Ephraim Kishon übersetzt (und manchmal nachgewürzt) hat. Er ist auch mit einem eigenen Buch berühmt geworden, "Tante Jolesch", um dieses geht es hier. Er selbst ist vor 1938 in Wien und Prag groß geworden, rechtzeitig und mit viel Glück in die USA geflüchtet.

Achje, wieder was mit Nazis? Reicht es nicht, daß uns der Guido Knopp aus den Ohren quillt?
Keine Angst, "das eine überreizte Thema" berührt das Buch nur am Rande. Ganz bewußt nur am Rande. Im Zentrum steht die städtisch-jüdische Kultur im Vorkriegs-Österreich, wie der Autor sie als Journalist und Cafe-Besucher noch kennengelernt hat. In vielen Sprüchen, Anekdoten und humorigen Weisheiten.

Ach so, ist das eine Witzesammlung der Sorte "Fragt der Moische den Rebbe"?
Nein, auch Glaubensfragen kommt nur am Rande vor.

Was ist das Buch dann?
Eine Sammlung von Anekdoten über sogenannte "Käuze" und "Sonderlinge". Die in besonderen Milieus wie dem jüdischen oder der Kaffeehaus-Schriftstellerei häufiger zu sein scheinen. Damit berührt das Buch unseren eigenen Kulturkreis, in dem die Leute in langen Jahren der Sozialangst zu Einzelgängern werden. Bei denen sich auf diese Weise ein Talent zu unerwartet-verblüffenden Antworten bildet.
Da wäre der Komponist Schönberg, der das Kompliment "lovely music" als Beleidigung nahm. "Das Engagement, das seine Existenzsorgen behoben hätte, war geplatzt."
Der Wirt Biel, der sonntags geschlossen hatte und es seiner Kundschaft explizit mitteilen mußte: "Jeden Sonntag den ganzen Tag geschlossen".
Oder der Rechtsanwalt Dr. Sperber, der vor Gericht seltsam-überraschende Plädoyers halten konnte, beim Kartenspiel mit einem berühmten Schauspieler aber kein Wort herausbekam.
Worum sorgte sich ein anderer Kartenspieler, während er im Versteck zu überleben versuchte? "DAS Regime ist noch nicht erfunden, wo du nicht möchtest die schlechteste Karte ausspielen". Dieser Spruch war angeblich auch "seine einzige Stellungnahme zum Nationalsozialismus."

Die Beispiele zeigen, wie das Buch Sympathie für seine Figuren erzeugt - es zeigt Außenseiter nicht als Daueropfer, sondern als ganz normale Menschen mit eigentlich normalen Anzickereien. Es lädt fast ein zu dem Wunsch, sich mit in deren Cafe zu setzen, wenn das möglich wäre.

Ja und? Kann das Buch eine AfD-Regierung verhindern?
Gegenfrage: Wer kann? Wer konnte bereits? Wer behauptet nur zu können? Hängt der Prozenterfolg der AfD etwa davon ab, ob Kanzler Merz den "Omas gegen Rechts" die Subventionen kürzt?
Das Buch selbst kann nichts verhindern. Aber seine Grundbotschaft: Sei freundlicher zu den Menschen, zum Wahlvolk, als es deine Feinde sind.
Zeig dich als attraktiver als es deine Feinde tun. Tu etwas, daß die Mehrheit sich auf deine Seite stellt. Torberg hatte es begriffen, so wie es sein Buch zeigt. Der Dönermann, der dir eine Extra-Olive ins Fladenbrot legt, weiß es auch.
Wenn viele es wissen, wird die offen-demokratische Gesellschaft das selbe sagen können wie im Buch Herr Robitschek. Zu den Leuten, die das Gerücht glaubten, er wäre gestorben:
"Sie waren also nicht bei meiner Beerdigung?"

Julian / Braunschweig

Friedrich Torberg: Die Tante Jolesch. Der Untergang des Abendlandes in Anekdoten.
Seit 1975 verschiedenste Auflagen und Verlage

P.S.: Die Überschrift ist das bekannteste Zitat aus dem Buch.


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zuletzt am 21.04.2025 um 21 Uhr 15