Selbsthilfe bei Schüchternheit und sozialer Phobie

 

Rundbrief Juni 2012

Titelseite

Inhalt:
   - EURE Ideen gegen Mobbing - Platz 1
   - Schub für schüchterne Schüler - Antwort
   - Risiken/Grenzen von Online-Therapien
   - Sozialpsychiatrischer Dienst
   - Nicht unter meiner Würde
   - Buch "Willkommen in der Mutzone"
   - Methodenkoordinator/in gesucht
   - Wortsuchrätsel

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ZITAT

"Kein Problem wird gelöst, wenn wir träge darauf warten, daß sich Gott darum kümmert."

Martin Luther King zugeschrieben, es kann aber auch jemand anders sein, da sich eine englische Übersetzung des Spruches nur auf deutschen Webseiten fand



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...

Warum immer ich?Niemand sitzt neben ihr,
sie passt nicht dazu.
Alle lachen sie aus.
Du willst dazugehören.
Würdest Du es nicht auch machen?
Ihr Schmerz ist der Preis,
dass Du dazugehören darfst.
Es ist nicht so,
als würdest Du sie hassen
oder ihr den Tod wünschen.
Aber vielleicht geht sie nach Hause
und denkt über Selbstmord nach.
Und nur eine Nettigkeit hätte
vielleicht ihr Leben retten können.
Du kannst helfen!!
Vielleicht rettest du ein Leben.

Niemand redet mit ihr,
sie fühlt sich so alleine,
verloren, hilflos und ohne Mut.
Sie schreibt ihren Schmerz
mit einem Messer
auf ihren Körper.
Sie will aufgeben... ist kurz davor
völlig zusammen zu brechen.
Nur weil sie anders ist,
weil keiner sie akzeptieren will.

Hört auf einfach weg zu gucken!!
Dran vorbei zu gehen oder
sogar mitzumachen!!!

Klasse 8c, Carl-Benscheidt-Realschule Alfeld
1. Preis im Preisausschreiben "EURE Ideen gegen Mobbing"


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Schub für schüchterne Schüler

Eine Antwort bzw. Meinung - in Bezug auf den in der Rundbriefausgabe 2/12 erschienenen Artikel von Rita Angelone (→1)

Es ist in gewisser Weise schon richtig, dass die problematischen Schüler (→2) mehr wahrgenommen werden. Auch in Bezug auf die Gespräche kommt es vor, als das es nur schlimme Schüler gibt. (→3) Es ist allerdings so, dass diese nur eine Minderheit darstellen.
Ob es Eltern gibt, die gegenteilige Ängste haben, und dass diese "links liegen gelassen" werden, dazu kann hier keine Meinung genannt werden. (→4)

Dass übermäßige Schüchternheit leicht mit Dummheit verwechselt werden kann, wird hier nicht abgestritten. Allerdings ist es nach Erfahrung des Autors dieses Artikels so, dass die Mitschüler, welche sich im Unterricht nicht beteiligen, "auf Kommando" (→5) aber sehr wohl Wissen haben - und das nicht zu knapp (→6).

Dass die Schüler dann schlechtere Noten haben, kann zwar bestätigt werden, aber nicht gänzlich schlechter als andere in der Klasse. Vielmehr habe ich es in der Klasse so erlebt, dass die Schüler zwar mündlich (weil kaum Wortmeldungen von dem Schüler kommen) schlecht benotet werden, aber dafür sehr gute bis gute schriftliche Leistungen erbrachten.

Ich weiß nicht, ob nicht ohne die Noten die Schüler nicht schon zu Außenseitern werden. Das Beispiel Sportunterricht (→7) wird sicher jeder, der in der Schule Außenseiter (→8) war, kennen. Der Autor erinnert sich an zwei Schülerinnen, die zwar schüchtern hätten sein können (→9) und sich auch mündlich nicht bis kaum beteiligten. Und diese haben sich, soweit richtig erinnert, von vorne herein auch nicht in der Klassengemeinschaft eingebracht.(→10) Und auch passives Mobbing habe bei diesen auch nicht festgestellt. Ich würde sogar sagen, dass sich das in der Fußnote Nr.7 genannte Mädchen mit seinen Sitznachbarn sogar etwas unterhielt.

Bei dem anderen Mädchen, welches nicht in der Fußnote beschrieben wurde, war es so, dass dieses Mädchen mir durch aus einem anderen Verein bekannt war bzw. genauer gesagt: Es erkannte es später in diesem Verein wieder:
Es ist zwar schon eine ganze Weile her, aber diese gehörte zu den älteren Mädchen bzw. zu den Privatreitern im Stall. Und da waren immer mehrere ältere da. Und ich weiß zwar nicht mehr, ob sie dort sich besonders eingebracht hat. Wohl aber habe ich nicht den Eindruck, dass sie sich nur in der Ecke befand. Und da sie eine "Privatreiterin" war, also ein eigenes Pferd hatte, wird sie sicher oft (wie es junge Reiter regelmäßig tun) im Reitstall gewesen sein.
Daher würde ich nicht sagen, dass Schüchterne unbedingt weniger Sport machen.(→11) (→12)

Dass sich Schüchterne zurückziehen, ist in den meisten Fällen sicher richtig. Aber trotzdem ist immer die Frage: Ziehen sie sich in allem zurück oder nur aus der Schule? (→13)

"Sensibilisierte Lehrpersonen können man besten helfen."

Das Schüchternheit ernst genommen werden muss, sieht auch der Autor ein. Allerdings ist zwischen Grundschulkindern und älteren Kindern sicher zu unterscheiden: Die in diesem Artikel genannten Beispiele betreffen Jugendliche. (→14)

Dass die Angst, etwas falsches zu sagen, da ist, (→15) das ist zweifellos richtig. Deswegen fühlen sich die Kinder und Jugendlichen sicher gehemmt. Daher stimmte ich Prof. Stöckli zu. Allerdings muss es nicht so sein, dass man sich deswegen weniger liebenswert oder empfindet. (→16)
Und es wäre sehr schön, wenn es solch einen Kurs auch in der Bundesrepublik Deutschland gäbe.

Es muss aber gesagt werden: Der Kurs von Prof. Stöckli hat die Zielgruppe Kinder in der 4.-6. Klasse. Damit wird sicher nicht jedem Schüler geholfen werden können. (→17)
Auch, so schreibt eine Teilnehmerin, hilft dieser Kurs, aber trotzdem ganz weg ist die Schüchternheit danach nicht - so die Teilnehmerin. (→18)
Aber solche Ideen zu einem Ausgleich sind nicht neu:

Denn es gibt auch eine andere Zielgruppe, die sich mündlich nicht bis kaum nicht in der Schule beteiligt: Schülerinnen und Schüler, die stottern. Dies wird als Behinderung gesehen und es werden (durch die Bundesvereinigung Stotterer-Selbsthilfe e.V.) Ausgleiche gewünscht (→19) bzw. Ideen dazu angeboten.(→20)

Dies kann meiner Meinung nach sicher auch zum Teil auf schüchterne Kinder und Jugendliche angewendet werden. Es ist aber die Frage, ob Schüchternheit als Behinderung oder Krankheitsbild angesehen werden kann. Aber allein, dass Informieren der Mitschüler kann helfen.

Zusammenfassung:
1.Die Aufmerksamkeit ist tatsächlich wahrscheinlich weniger auf den schüchternen Schülern.
2.Obwohl es den Schüchternen sicher nicht gut geht, so müssen die Folgen nicht so sein, wie in dem von Fr. Angelone genannten Artikel beschrieben.
3.Der angesprochene Kurs des Prof. Stöckli ist wegen des Alters der Kursteilnehmer nur eingeschränkt zu empfehlen.
4.Am Beispiel Stottern ist zu sehen, dass evtl. auch Schüchterne in Zukunft bessere Noten erhalten können. (Nachteilsausgleich)

Tobias / SHG Braunschweig (Schüchterne)

↑1 Der in der intakt - Rundbriefausgabe 2/12 genannten Artikel eröffnete eine Diskussion auf der Internetseite http://blog.wireltern.ch/stichwort/Aussenseiter/ . Auf diesen Text nimmt dieser Artikel Bezug.

↑2 Zum besseren Verständnis wird möglichst neutral oder nur ein Geschlecht wörtlich genannt. Es sind aber beide Geschlechter gleich angesprochen.

↑3 Der Schreiber hat Lehrer als Eltern.

↑4 Es wäre aber traurig, wenn (berechtigte) die Ängste der Eltern nicht gehört werden würden.

↑5 Also wenn der Lehrer die Schüler fragt.

↑6 Wenn mündliche Zensuren in der Klasse vorgelesen bzw. besprochen worden sind, wurde meistens festgestellt, dass die Schüler sogar (sehr) viel wussten - aber dass nie sich leider nicht bis kaum melden.

↑7 http://www.uzh.ch/news/articles/2009/gefangen-in-der-eigenen-schuechternheit.html

↑8 Damit kann auch jemand gemeint sein, der gemobbt wird in der Klasse oder der z.B. aus einer anderen Gesellschaftsschicht kommt. Dies geht nicht nur Schüchternen so.

↑9 Die Mädchen wirkten schüchtern, ob sie es waren ist nicht bekannt. Bei einer würde ich das vermuten.

↑10 Zur Information: Es handelt sich einmal um eine Schülerin der Realschule und eine aus der Oberschule.

↑11 Abgesehen davon: Schüchternheit muss nicht unbedingt heißen, dass man nicht mit Menschen oder mit Sport nichts zu tun haben will. In der Selbsthilfegruppen gab es z.B. eine Tänzerin, einen Freizeit- Leichtathleten und auch einige sind auch in der Freizeit gejoggt. Allerdings betrifft dies Erwachsene. Das Schüler sich zurückziehen (was beim Außenseitersein bzw. bei Opfern von Tyrannei sicher eine Folge ist) soll damit nicht abgestritten werden.

↑12 Auch soll an dieser Stelle genannt werden, dass auch der Autor dieses Textes mehr als 15 Jahre im Reitsport tätig ist. Auch ist er seit mehreren Jahren (mit anderen Mitmenschen) in einer Hilfsorganisation.

↑13 Mir ist ein Schülerkollege (ebenfalls aus dem Gymnasium) bekannt, der sich zwar im Unterricht nicht beteiligte und sich auch kaum unterhielt (aber auch nicht tyrannisiert worden ist!). Trotzdem hat er einen Freundeskreis erwähnt. Und da für diesen regelmäßig etwas vorbereitete in den Pausen, wird dieser Freundeskreis sicherlich tatsächlich bestanden haben.

↑14 Das in diesem Artikel über junge Erwachsene berichtet wird, schließt nicht aus, dass es auch in der Grundschule schüchterne Schüler gibt. (Auch der Autor hat in der Grundschule nicht immer Freu(n)de gehabt.)

↑15 http://www.uzh.ch/news/articles/2011/training-gegen-schuechternheit.html

↑16 Obwohl sich der Autor dieses Artikels nicht immer in der Schule wohl und eingeschlossen gefühlt hat, so ist er in seiner Freizeit sehr wohl ohne Spielkameraden gefühlt. Erst später (ab Realschule) kam langsam etwas der "Neid".

↑17 Denn wer gelitten hat und nun z.B. in der 8. Klasse ist, wird nicht mehr in diesen Kurs kommen können.

↑18 http://www.uzh.ch/news/articles/2011/training-gegen-schuechternheit.html

↑19 http://www.bvss.de/index.php?option=com_content&view=article&id=14:nachteilsausgleich&catid=2&Itemid=34

↑20 http://www.bvss.de/images/stories/pdf/ Umgang_mit_Stottern_in_der_Schule.pdf




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Standpunkt: Risiken und Grenzen von therapeutischen und begleitenden Online-Angeboten

Immer beliebter werden auch in der Bundesrepublik Therapie- und Beratungsgebote, die online abgewickelt und somit einfach und unkompliziert in Anspruch genommen werden können. Immer mehr Studien beschäftigen sich mit Wirkung und Nebenwirkung solcher Alternativen zum gewöhnlichen Gang zum Psychotherapeuten und ermitteln, wie durch derartige Optionen Patienten, die ansonsten keinerlei Hilfe in Anspruch nehmen würden, Unterstützung erfahren.

Doch abgesehen davon, dass eine "Therapie" in Deutschland auf dem digitalen Weg in der Form einer gewöhnlichen Psychotherapie rechtlich gesehen noch gar keine klaren Regelungen besitzt und auch von den meisten Berufskammern mit großer Skepsis gesehen wird, birgt sie eine Vielzahl an Grenzen und Risiken, die nicht verschwiegen werden dürfen.

Bei aller Begeisterung darüber, dass Therapie auch über den Bildschirm möglich werden könnte und sich gerade Patienten mit sozialen Defiziten, Zwängen oder Ängsten und Scham, aber auch bei Depressionen von solch einer Methode begeistern lassen würden, kann eine virtuelle Psychotherapie nie den direkten Kontakt zu einer Fachperson ersetzen. Die Online-Beratung, in der es hauptsächlich um Hilfestellung für gesunde Menschen geht, die mit Alltagsproblemen oder Lebenskrisen und ihrer Bewältigung Schwierigkeiten erfahren, und in vielen Ländern (auch bei uns) gängig ist und viele Anbieter kennt, darf nicht als Vergleichsgrundlage herangezogen werden. Auch wenn virtuelle Beratung ebenso für als anregende und orientierende Stütze, zum Austausch eigener Erfahrungen wie in der Selbsthilfe oder zur reinen Informationsübermittlung für Betroffene dienen kann, sind die Unterschiede zum therapeutischen Behandeln meilengroß.

Die strikte Unterscheidung zwischen Therapie und Beratung, zwischen pathologisch relevanter Erkrankung und üblichem, situationsangemessenem Seelentief, macht nicht nur in Sachen Haftung und Verantwortung deutlich: Chronisch psychische Krankheiten, Diagnosestellungen oder Notfälle lassen sich weder per Web-Cam, noch per Chat oder Forum in ausreichender und würdigender Weise "behandeln".

Wer - wie in einigen Beiträgen richtig beschrieben - eine begleitende oder an eine stationäre Therapie anschließende Beratung auf dem digitalen Weg in Anspruch nimmt, kann sicher profitieren. Denn zu beachten gilt: Zwar sind Ratschläge, Tipps oder Verhaltensanweisungen und -regeln auch über das Netz austauschbar, für eine umfassende therapeutische Einschätzung, beginnend von Anamnese bis hin zur Klassifikation von Erkrankungen und Auswahl der Behandlungswege und Begleitung des Therapieprozesses ist der Gesamteindruck eines Patienten in realem, Vier-Augen-Kontakt unausweichlich. Mimik, Gestik, Haltung und Emotionen lassen sich nur dann unverzerrt wahrnehmen, wenn sie direkt im Gegenüber geäußert werden.

Ein Eingreifen, ein Lenken, ein Reagieren, das, was Psychotherapie unabhängig von der Zielgruppe elementar von psychologischen Beratungen unterscheidet, kann weder zeitnah, noch sicherstellend in der digitalen Welt geleistet werden. Auch für Therapeuten ist es ein persönliches Risiko, aber auch eine Einschränkung ihrer Handlungskompetenzen, wenn ihnen um die Hilflosigkeit im lediglich distanzierten, über Kabel und Leitung verbundenen Klientenkontakt bewusst wird. Und auch die Unsicherheit, die ein Patient verspüren muss, wenn er nur auf das vertrauen darf, was beim kleinsten Stromausfall oder Server-Problem schon unterbrochen sein kann, macht in mir große Skepsis und Sorge breit.

Es ist sicher nichts einzuwenden, wenn virtuell beraten wird, wenn Erfahrungen ausgetauscht oder Denkanstöße weitergegeben werden. Das soziale Agieren, die Interaktion zwischen Therapeut und Patient, die Exposition und Konfrontation lässt sich aber nicht ersetzen. Unabhängig davon bleibt es eine Übung und ein hinreichender Bestandteil der Therapie, auch die gewohnte Umgebung zu verlassen, aus Strukturen und gegen eventuelle Phobien expositorisch anzugehen.
Die Grenzen von Online-Therapie überwiegen heute noch immer den vielen Vorteilen und Chancen, die ein außerhalb der Netzwelt bestehendes Psychotherapie-Angebot eröffnen kann. Wer es ernst damit meint, sich mit sich auseinander setzen zu wollen, aktiv an der eigenen Situation etwas zu verändern und den Schritt zurück in das wirkliche Leben schaffen will, kommt nicht darum herum, Online-Beratung als lediglich komplettierenden Baustein einer umfassenden psychotherapeutischen Betreuung zu sehen.

Nicht nur Therapie und Beratung schlagen heute den Weg in die digitale Welt ein - auch die Selbsthilfe passt sich dem Trend, den gerade junge Menschen über soziale Netzwerke und die Foren sowie Chats der Selbsthilfeorganisationen nutzen, in vielfacher Hinsicht an. Es scheint kaum anders möglich, Jugendliche zu begeistern, als sie dort abzuholen, wo sie die meiste Zeit ihres Lebens verbringen. Wenngleich wir parallel die Zahl der Selbsthilfegruppen, die sich Computer-, Medien- und Internetsucht widmen in die Höhe steigt, haben die meisten Verantwortlichen in der Selbsthilfe erkannt, dass das Netz riesiges Potenzial bietet, auf sich aufmerksam zu machen.

Bundesweit gibt es eigene Internetseiten, die junge Menschen auf Selbsthilfe ansprechen - und damit exakt das Medium nutzen, worin sich die Jugendlichen heute über ihre Sorgen, Nöte, soziale Probleme oder auch Krankheiten austauschen. Daher ist es sicherlich falsch, als Selbsthilfegruppen in der realen Welt die Abschottung zum Digitalen zu leben. Junge Menschen wachsen in einem anderen Umfeld auf, setzen auf die Anonymität und die Einfachheit des Webs, um Selbsthilfe zu reformieren.
Es nutzt nichts, sich arrogant oder gar feindlich von den Selbsthilfe-Angeboten in der Online-Welt abzukapseln. Viel mehr bleibt den Gruppen vor Ort im Alltag des Nicht-Virtuellen die Chance, eine Ergänzung zu schaffen und junge Menschen nicht aus der digitalen Selbsthilfe wegzulocken oder sie gar zu verurteilen - sondern sie im Sinne der Argumentation zu "Online"-Beratung geschmackvoll auf das hinzuweisen, was Selbsthilfegruppen mit echten Menschen an Vorteilen bieten und womit sie den bloßen und monotonen Austausch im WWW bereichern können:

Eine Selbsthilfegruppe im Realen drängt mich zum Verlassen meiner vier Wände, ich komme weg vom Bildschirm und von einer Welt, die so unwirklich und auf das Zweidimensionale beschränkt scheint. Ich bin angehalten, mich meinen Ängsten, meinen Zwängen und meiner inneren Hoffnungslosigkeit entgegen zu stellen. Ich bekomme die Chance, mich in geschütztem Raum der Wirklichkeit zu stellen, von der es mir eigentlich graut. Das Konfrontieren mit dem sozialen Umfeld, das ich eigentlich meiden will, bringt mir endlich mal wieder neue Perspektiven fernab von "Maus" und "Blog" - und das nicht per "Flooding", sondern zunächst in einem Rahmen, der mir Verständnis entgegenbringt und manch merkwürdige Verhaltensweise aus eigener Erfahrung zu kennen scheint.

Ich schätze in einer Selbsthilfegruppe die Gestik, die Emotionen und die Mimik wirklicher Personen, mit denen ich mich beschäftigen, Rückfragen ohne Verzögerung stellen und beantwortet bekommen kann. Die Gelegenheit zu Freundschaften, die nicht durch einen "Klick" entstanden sind, und soziale Kontakte im wirklichen Leben zu finden, das macht das gute Gefühl des Angenommenseins aus. Wenn ich nicht nur über Probleme reden kann, sondern mit "Gleichgesinnten" zusammen Freizeit verbringen darf, Sorgen nicht lange umschreiben muss, sondern direkt und ohne viele Smileys verständlich machen kann, dann weiß ich, dass ich verstanden werde. Und wenn ich mich schlussendlich auf einen Rat stütze, von dem ich weiß, er kommt bestimmt nicht von einem "Hacker" oder "Trittbrettfahrer", sondern von jemanden, der wirklich Ahnung von dem hat, wovon er spricht, dann mag ich doch dankbar sein, dass es neben dem weltweiten Netz auch noch die Menschlichkeit gibt.

Dennis Riehle, Selbsthilfegruppenleiter
Martin-Schleyer-Str. 27, 78465 Konstanz
selbsthilfearbeit(ae)riehle-dennis.de


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Sozialpsychiatrischer Dienst

Habt ihr beim Auslegen eurer Gruppenflugblätter auch an den "Sozialpsychiatrischen Dienst" gedacht? Dieser ist eine kommunale Pflichteinrichtung, meist im Gesundheitsamt. Eine seiner Aufgaben: Man kann zu (wenigen) psychologischen Gesprächen hingehen ohne die lange Wartezeit bei Therapeuten. Ich selbst (Julian) habe dieses Angebot nach meinem Schulabbruch genutzt. Daher werden dort Interessenten für Eure Gruppe "auflaufen".
Gebt ihnen euer Flugblatt, es lohnt sich!


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Nicht unter meiner Würde

Ich, 56 Jahre alt, war zunächst angetan davon, wie "offenherzig" ihr Jüngeren euch äußern könnt. Inzwischen merke ich, dass es für mich da eine Grenze gibt:
Unangenehm erlebe ich, wenn sich Menschen verkaufen. Eine Gefahr dafür sehe ich im Angebot der Casting Concept GmbH (siehe letzter intakt-Rundbrief). Hier werden Leute gesucht, die in einem TV-Projekt offen über ihre sexuelle Enthaltsamkeit reden. "Mit Unterstützung von Experten und erfahrenen Coaches sollen Hemmungen abgebaut und Ängste überwunden werden." Anreiz dafür bietet die Belohnung durch eine "Aufwandsentschädigung im vierstelligen Bereich" (→1) Werden hier nicht Menschen eingeladen, sich zu entwürdigen?

Ich selbst bin mir "heilig", möchte meine Seele nicht den Göttern "Macht, Geld, Sex" ausliefern. Wer sich allzuweit öffnet, macht sich verletzlich und kann sich auf diese Weise in große Schwierigkeiten bringen. Ängste, Hemmungen, Schüchternheit können gesunde Signale sein, die mich warnen: Halt, hier kein Seelenstriptease - auch nicht gegen Bezahlung! Ich muß nicht alle alles wissen lassen, habe das Recht zu schweigen. Wenn ich über mein Intimleben sprechen möchte, suche ich geschützte Räume: ein Therapie- oder Seelsorgegespräch, eingeschränkt vielleicht auch meine Selbsthilfegruppe.
Aber Menschen sind verschieden. Das ist gut. Andere mögen sich zum Thema Sexualität und Öffentlichkeit ganz persönlich äußern. Gut finde ich, wenn sie sich dabei ihrer selbst bewußt sind und nicht durch Geld oder aufgrund von Machtstreben dazu drängen und von "Experten" über die Maßen enthemmen lassen. Die maßgebende Grenze sehe ich hierbei in der Würde des Menschen.

Ein kluger Rat von Matthias Claudius heißt: "Sage nicht alles, was du weißt. Aber wisse immer, was du sagst."
Friederike Nolda, Uelzen

↑1 zitiert aus intakt-Rundbrief 2/12, Seite 5 von 8




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Buchbesprechung
Bea Engelmann: "Willkommen in der Mutzone"

Dieses 2011 erschienene Buch bietet ein Selbsthilfeprogramm zum Aufbau von Mut, die als "Furchtlosigkeit, sich von Gewohntem zu lösen", beschrieben wird (S. 18)
Die Autorin ist Psychologin, Unternehmensberaterin, Lehrbeauftragte der Uni Bremen, und (wohl das Wichtigste) durch eine eigene Krise zum Thema Mut gekommen. Für das Buch betrieb sie eine Umfrage an 80 ihrer Patienten, zu Fragen wie "Was bedeutet Mut für mich?". Deren Zitate finden sich als "mutmachende" Zitate im Buch wieder.

In sieben "Zonen" gibt das Buch den Weg vor von der Auseinandersetzung mit Angst und Bequemlichkeit über die eigenen Wunschziele und Selbstwertquellen bis zum Wirklich-in-die-Tat-Umsetzen.

Das Buch enthält - durch graue Kästen hervorgehoben - viele "Mut-Mach-Tipps", -Rituale und -Übungen, die man selbst machen kann. Sie sind so konkret beschrieben, daß sie fast wie ein Treppengeländer einen Weg vorgeben können, die Frage "Was soll ich denn tun?" kann damit entschärft werden.
Durch die Vielzahl der Tips wirkt das Buch insgesamt positiv, hebt also das Ziel hervor und schaut in die mutige Zukunft. Schon das Lesen kann Vorfreude auf die großen Ziele machen.
Die Übungen sind jene, die im Umgang mit Ängsten fast der einzige Weg sind, eben die extrem hart klingen, solange man sie noch nicht geschafft hat. Einige Übungen sind die selben wie in meinen VHS-Kursen.

Das Buch ist als Selbst-Hilfe-Programm konzipiert, also um damit ohne fremde Hilfe zum Mut zu finden. Diese Situation bedeutet allerdings auch, daß man mit dem "inneren Schweinehund" dann doch allein sein kann und kein Mittel gegen ihn findet. (Dieses Problem haben aber alle Ratgeberbücher, da man sie auch in den Schrank stellen kann.)
Als Gruppenübungen sind die Ideen des Buches meist nicht geeignet, eben weil sie für eine Person gedacht sind. Den idealen Einsatz des Buches sehe ich daher in der Zeit zwischen den Gruppensitzungen - als Eigentherapie, die durch Motivation der Selbsthilfegruppe ergänzt bis ermöglicht wird.

Carl-Auer-Verlag, Reihe "Lebenslust"
ISBN 978-3-89670-793-2
17,95 EUR
Julian / Braunschweig


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Methodenkoordinator/in gesucht

Im intakt e.V. ist der Posten des Methodenkoordinators Sozialphobie zur Zeit unbesetzt. Daher rufen wir hiermit auf, für dieses Vorstandsamt zu kandidieren. Nach den Sommerferien wird eine Vereinsversammlung einberufen.

Was macht man in dem Amt? Zu "Methoden" zählt alles, was gegen Sozialphobie hilft. Daher kann man Dinge machen wie Gruppen unterstützen, Gruppen gründen, Ideen im Umgang mit SP finden oder bewerten, Beratungstelefon, ... Dir fällt sicher noch mehr ein. Es ist im Grunde ein Vorstandsposten ohne Papierkram.


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Wortsuchrätsel

 A B C D E F G H I J K L
1 T I E K M A S N I E K Ö
2 O N B U M U Y E N I E P
3 S T E P A R T U N Z Ä N
4 T E T A G E N F O B I E
5 E R E N D X O A R R M Z
6 R E T T E A L B G U L F
7 N S H H B D R E E N V E
8 E S T E U C E L L E N H
9 L E N R R O Z R B I N L
10 L D W Y G E N A U I A E
11 E T S G N Ä A I N V E R
12 R T E K H A N N O V E R

Die Wörter können waagerecht, senkrecht oder schräg versteckt sein und in jede beliebige Richtung laufen.

Die Lösung steht im Internet auf unserer Webseite: www.schuechterne.org/suchloesung.htm
Enthalten sind:
- 5 Städte mit intakt-Selbsthilfegruppen
- 2 Angebote des Vereins an Gruppen für Öffentlichkeit
- 2 Probleme, die in den Gruppen behandelt werden
- was man in der Gruppe über die Probleme tut
- was man in der Gruppe zeigen sollte
- ein Gegenteil von Angst
- die Farbe der intakt-Flugblätter
- die Endung der intakt-Webadresse (Hinweis: versteckt im landessprachlichen Namen eines nordeuropäischen Staats und gleichzeitig in einem Musikinstrument)
- das, was jeder mal machen darf
- das ängstliche Tier aus dem intakt-Buch

und außerdem:
- das Office im Weißen Haus
- ein Hopfen-Malz-Gärgetränk
- ein Staat in Südostasien
- eine Stadt in der Schweiz
- eine Weltorganisation, die dort eine Filiale hat
- eine Märchengattung
- ein Eierfest
- die kleinen Leuchtpunkte am Nachthimmel
- in die man selbst fällt, wenn man sie anderen gräbt
- eine Sondertaste am Computer
- ein deutscher Börsenindex
- ein chinesischer Philosoph
- wer nur dieses Wort findet, hat schon mehr als diese Anzahl gefunden
- wie man hinschaut, wenn man hier wirklich alles findet
und noch einiges mehr...


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zuletzt am 16.07.2023 um 12 Uhr 26