Selbsthilfe bei Schüchternheit und sozialer Phobie

 

Stendaler Sonntags-Nachrichten, 24.6.2007

Aus Schüchternheit wird irgendwann Einsamkeit
"Der kleine Versager, der immer stehen gelassen wurde"

Von (cb)

STENDAL. Vor fünf Jahren gründete Julian Kurzidim in Braunschweig eine Selbsthilfegruppe, aus seinem eigenen Bedürfnis heraus. In diesen fünf Jahren hat er das erste Mal in seinem Leben Freunde gefunden.
Gewundert hat sich Julian Kurzidim schon in seiner frühesten Kindheit. im Kindergarten wußte er nie bei welcher Spielgruppe er mitspielen sollte. Er fand einfach keinen Anschluss. Das setzte sich in der Schule fort, er stand alleine in der Ecke und wurde deswegen irgendwann von seinen Mitschülern gemobbt. Er zog sich zurück, wurde ein Einzelgänger.
Aber er konnte sich einfach nicht überwinden auf andere Menschen zuzugehen, die Angst war zu groß. Erst als er sein Studium begonnen hatte und aus Prüfungsangst zur Studienberatung ging, fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Die Studienberatung fragte ihn, ob er nicht merken würde, dass er anders ist, Ab da wurde es ihm richtig bewußt. Seine Schüchternheit war sein großes Problem. Der medizinische Begriff ist soziale Phobie und besagt soviel, wie die dauerhafte Angst vor der Begegnung und Auseinandersetzung mit anderen Menschen. Aber erst als er seine erste Arbeitsstelle nach dem Studium verlor, konnte er sich um sich und auf seine Bedürfnisse konzentrieren. Denn endlich war der Druck weg. Er gründete kurze Zeit spater seine eigene Selbsthilfegruppe. Er fand Menschen, denen es genauso ging, Die von der Schüchternheit "geplagt" sind.
Heute weiß Julian Kurzidim, dass Schüchternheit nicht zwingend etwas Negatives ist. Mittlerweile kann er auch Vorteile aus seiner Schüchternheit ziehen. Denn schüchterne Menschen sind bessere Zuhörer und sie liefern gute Arbeit ab, auch wenn das eher aus Angst heraus geschieht, kritisiert zu werden, schmunzelt Julian Kurzidim bei einem Gespräch mit einem Betroffenen aus Stendal und Barbara Riep von der Kontaktstelle für Selbsthilfegruppen des Paritätischen. Der Kontakt zwischen dem Paritätischen und Julian Kurzidim aus Braunschweig kam durch den Betroffenen aus Stendal zu Stande. Der 41-jährige Schweizer hatte sich bei der Kontaktstelle des Paritätischen vor zirka einem halben Jahr gemeldet, als sich seine Freundin nach elf Jahren Beziehung von ihm trennte. Denn sie kam mit seiner zurückgezogenen Art irgendwann nicht mehr zurecht, schilderte der 41-jährige aus Stendal. Während er seine Geschichte erzählte, war er sichtlich angespannt. Das Reden vor Leuten, im Mittelpunkt zu stehen und alle gucken nur ihn an, versetzt den 41-Jahrigen in Angst und eine regelrechte Körperstarre setzt ein. Seit einiger Zeit besucht er eine Psychologin, die ihm dabei hilft sich mit diesen Problemen auseinanderzusetzen. Auch Julian Kurzidim ist seit eineinhalb Jahren in Therapie. Nach 67 Sitzungen hat er manchmal das Gefühl "es bringt nichts", aber dazu ist Julian Kurzidim viel zu optimistisch.
Nun soll auch in Stendal eine Selbsthilfegruppe gegründet werden. Für die Organisation eines ersten Treffens können sich Betroffene bei der Kontaktstelle des Paritätischen in Stendal telefonisch unter 0 39 31/68 94 21 melden oder per Post an den Paritätischen Wohlfahrtsverband, Kontaktstelle für Selbsthilfegruppen Osterburger Straße 4. Ansprechpartnerin ist Barbara Riep. Die ersten Treffen finden im Beisein einer Therapeutin und Julian Kurzidim statt, der von seinen Erfahrungen berichten wird.

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